Einfordern von Rechten mit und für Bewohner*innen

Mit und für die Bewohner*innen gemeinsam dafür eintreten, dass ihre Rechte bis zum Lebensende vertreten werden.

 

Wenn Sie mehr über die Bedeutung von Organisationsentwicklung im Kontext unseres Themas erfahren möchten, finden Sie hier eine ausführliche Erläuterung als Download.

Die Themen Sterben, Tod und Trauer konzeptionell verankern

Leitungskräfte in der Eingliederungshilfe sorgen für eine Organisationskultur, die das Thema enttabuisiert und einen offenen Umgang damit ermöglicht. Zentrale Aspekte der Begleitung vom Menschen mit Behinderung am Lebensende sind in Konzeptpapieren und Leitbildern verankert. Trauer und Abschied von nahestehenden Menschen sollten in Wohneinrichtungen als im Leben präsente Themen verankert sein und in Form von einer gemeinsamen Erinnerungs- und Trauerkultur gelebt werden.

Eine grundlegende Berücksichtigung von Diversität (insgesamt sowie mit Blick auf die Heterogenität der Zielgruppe) drückt sich in der Barrierearmut in der Kommunikation und der räumlichen Gestaltung palliativer und hospizlicher Einrichtungen aus. Informationen über die diversen Angebote der Organisationen sind in vielfältiger Weise (auch in Leichter Sprache) verfügbar und zugänglich.

Menschen mit geistiger Behinderung erfahren in ihrem Trauerprozess Unterstützung, aber keine Bevormundung. Auch verzögert einsetzende/ langanhaltende Trauerprozesse werden als individuelle respektiert und begleitet. Sensibel werden gesellschaftlich geprägte Anforderungen an das „richtige Trauern“ reflektiert.

Was wir im Forschungsprojekt dazu herausgefunden haben

Viele Interviewpartner*innen äußerten das Bedürfnis, über eigene Erfahrungen mit dem Thema zu sprechen. Unterschiedliche Interviewpartner*innen beschreiben negative Gefühle oder Ängste in Bezug auf das Sterben einer anderen und merken an, dass sie den Tod einer bestimmten Person noch nicht richtig verarbeitet haben bzw. es schwer war, sich mit diesem abzufinden (I-U; I-A).

Mitarbeitende der Eingliederungshilfe beschreiben differenziert eine vielfältige Trauerkultur, die in einigen Einrichtungen konzeptionell verankert ist und gelebt wird (I-D). In Konzeptpapieren der Eingliederungshilfe taucht das Thema jeweils eher in Bezug auf einen bestimmten Fokus (Seelsorge, Palliativpflege) auf, weniger als Thema, das alle Kernprozesse durchdringt (KP-D).

In Konzeptpapieren und Leitbildern palliativer und hospizlicher Einrichtungen werden erwachsene Menschen mit Behinderung bisher selten berücksichtigt (I-P und KP-P).

Angehörige empfinden oft eine lebenslange und alleinige Verantwortung und wünschen sich Unterstützung, insbesondere in ihren Ängsten in Bezug auf das Sterben des eigenen Kindes (I-A).

Diese Erkenntnisse stammen aus Interviews, welche das Forschungsteam mit Bewohner*innen aus Wohnangeboten der Eingliederungshilfe geführt hat.

Diese Erkenntnisse stammen aus Interviews, welche das Forschungsteam mit Mitarbeitenden aus der Palliativversorgung und Hospiz geführt hat.

Diese Erkenntnisse stammen aus Interviews, welche das Forschungsteam mit Mitarbeitenden der Eingliederungshilfe geführt hat.

Diese Erkenntnisse stammen aus Interviews, welche das Forschungsteam mit Mitarbeitenden aus der Palliativversorgung und Hospiz geführt hat sowie aus einer Fragbogen-Erhebung (Nb = 291), welche in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Sachsen durchgeführt wurde.

 

Diese Erkenntnisse stammen aus einer Gruppendiskussion, welche auf Basis einer szenischen Impulsgeschichte geführt wurde.

Diese Erkenntnisse stammen aus Interviews, welche das Forschungsteam mit Angehörigen von Menschen mit zugeschriebener geistiger und schwerer Behinderung geführt hat.

Diese Erkenntnisse stammen aus einer Analyse vorhandener Daten zu Sterbefällen in Wohneinrichtungen sowie aus Interviews, welche das Forschungsteam mit Mitarbeitenden der Eingliederungshilfe geführt hat.

Diese Erkenntnisse stammen aus einer Analyse von Konzeptpapieren von Einrichtungen der Eingliederungshilfe.

Diese Erkenntnisse stammen aus einer Literaturanalyse.

Diese Erkenntnisse stammen aus Interviews, welche das Forschungsteam mit mit Bewohner*innen aus Wohnangeboten der Eingliederungshilfe sowie Angehörigen von Menschen mit zugeschriebener geistiger und schwerer Behinderung geführt hat.

Diese Erkenntnisse stammen aus Interviews, welche das Forschungsteam mit Mitarbeitenden der Eingliederungshilfe geführt hat sowie aus einer Analyse von Konzeptpapieren von Einrichtungen der Eingliederungshilfe.

Diese Erkenntnisse stammen aus Interviews, welche das Forschungsteam mit Mitarbeitenden aus der Palliativversorgung und Hospiz geführt hat sowie aus einer Analyse von Konzeptpapieren der Länder und einzelner palliativer und hospizlicher Einrichtungen.

Diese Erkenntnisse stammen aus Interviews, welche das Forschungsteam mit Angehörigen von Menschen mit zugeschriebener geistiger und schwerer Behinderung geführt hat sowie einer Literaturanalyse.

 

Materialien und Hinweise finden Sie hier.

Personelle, finanzielle und räumliche Ressourcen für die Begleitung von Menschen mit Behinderung am Lebensende einfordern und bereitstellen

Leitungskräfte in der Eingliederungshilfe und in palliativen und hospizlichen Einrichtungen sorgen dafür, dass finanzielle, personelle und räumliche Ressourcen für die spezifischen Bedarfe von Menschen mit Behinderungen am Lebensende eingefordert, ausgehandelt und entsprechend eingesetzt werden.

Die Spitzenverbände der Leistungsanbieter der Eingliederungshilfe und der Palliativversorgung und Hospizarbeit sind aufgerufen, auf politischer Ebene entsprechend Einfluss zu nehmen, um eine adäquate Ausstattung mit personellen und finanziellen Ressourcen zu ermöglichen.

Die Begleitung umfasst auch Räume und Möglichkeiten, damit Menschen mit Behinderungen nach dem Abschied von nahestehenden Angehörigen oder Mitbewohner*innen ihr Alltagsleben neu ausrichten und gestalten können. Auch diese Angebote müssen in die Organisationskultur integriert und finanziert werden.

Mitarbeitende benötigen psychosoziale Unterstützung im Umgang mit belastenden Erfahrungen in der Begleitung am Lebensende und in ihrer eigenen Trauer.

Die Belastungsgrenze von Angehörigen sollte in den Blick genommen werden und zum Aufbau einer Versorgungssicherheit der Verbleib in der Wohneinrichtung sowie die Versorgung am Lebensende gewollt und ermöglicht werden.

Was wir im Forschungsprojekt dazu herausgefunden haben

Die Begleitung von Menschen mit Behinderung am Lebensende ist eine umfassende und komplexe Aufgabe. Auch die Trauerbewältigung umfasst ein breites Spektrum von Aufgaben: von der Akzeptanz des Verlustes bis hin zur Ausrichtung auf ein Leben ohne die verstorbene Person (LA).

Menschen mit Behinderung und Angehörige berichten von ihren eigenen Trauererfahrungen (I-U).

Hospizliche und palliative Fachkräfte benennen einen deutlichen Bedarf nach zusätzlichen Ressourcen für eine adäquate Versorgung, insbesondere bei fehlender Erfahrung in der Begleitung von Menschen mit Behinderung (I-P; FB-P).

Mitarbeitende in der Eingliederungshilfe berichten von personellen Engpässen, die durch eine intensive Begleitung am Lebensende entstehen (KSB-D; I-D). Manche erleben eine extreme Diskrepanz zwischen ihrem eigenen Anspruch in der Begleitung am Lebensende und den Möglichkeiten, die die Organisationen bereitstellen (I-D).

Die Zusammenarbeit mit Angehörigen wird als zeitintensiv beschrieben (I-P; FB-P).

Angehörige wünschen sich, mit begleitet zu werden und Unterstützung für ihre Belange zu erfahren. Zusätzlich möchten sie im Sinne von solidarischem Handeln als Akteure in Entscheidungen und in die Begleitung des Sterbenden mit einbezogen werden (I-A).

Materialien und Hinweise finden Sie hier.

Gemeinsam getragene Verantwortung als Teil der Organisationskultur leben

Angehörige brauchen Gesprächsangebote zu ihren Ängsten sowie zu ihrer Rolle und Verantwortung in der Versorgung. Angehörige sollten in die Entwicklung und ggfs. Umsetzung von Gesprächsangeboten für ihre An- und Zugehörigen einbezogen werden.

Ressourcen zur Unterstützung der Mitarbeitenden untereinander können zusätzlich entlastend wirken.

Leitungskräfte tragen Verantwortung und sollten offen und sensibel für alle Akteur*innen ansprechbar sein und diese in ihren Rollen entsprechend stärken. Dazu zählt auch eine reflektierte und auf die aktuelle Situation angepasste Balance zwischen der Achtung der Selbstbestimmung und der Gewährleistung von Versorgungs-/ Unterstützungssicherheit.

Auch der Austausch von Menschen mit Behinderungen untereinander zu Erfahrungen mit dem Versterben von Angehörigen oder Mitbewohner*innen wird unterstützt. Sie werden als Mit-Trauernde und die Situation Mit-Tragende ernstgenommen.

Was wir im Forschungsprojekt dazu herausgefunden haben

Eltern von Menschen mit Behinderung erleben ein hohes Maß an elterlicher Verantwortung oft lebenslang und sorgen sich um die Perspektive ihrer Angehörigen nach dem eigenen Versterben (I-A; LA).

Der kollegiale Austausch von als belastend erlebten Situationen ist in der Hospiz- und Palliativversorgung eine wichtige Ressource zur Bewältigung beruflicher Anforderungen (I-P). Analog berichten Mitarbeitende in der Eingliederungshilfe von ihrem Belastungsempfinden und Unterstützungsbedarf in der Begleitung am Lebensende (KSB-D; I-D).

Materialien und Hinweise finden Sie hier.

Rechte achten und mit und für Bewohner*innen einfordern

Leitungskräfte sorgen dafür, dass das Wunsch- und Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen handlungsleitend für die Gestaltung aller Prozesse in der Organisation ist.

Die Problematik der Praxis von Sozialbestattungen sollte von Einrichtungen der Eingliederungshilfe und anderen relevanten Akteur*innen gegenüber der Politik thematisiert und eine Veränderung dieser gängigen Verfahrensweise eingefordert werden.

Im Sinne der UN-BRK sind alle Akteur*innen in der Begleitung von Menschen mit Behinderungen dazu angehalten darauf hin zu arbeiten, dass Formen der stellvertretenden Entscheidungsfindung durch eine unterstützende Entscheidungsfindung grundlegend abgelöst werden, gerade auch im Hinblick auf die existenziellen und weitreichenden Entscheidungen am Lebensende.

Als wesentliche Voraussetzung für eine bessere Begleitung durch gesetzliche Betreuer*innen (insbesondere Berufsbetreuer*innen) bedarf es einer grundlegenden Reform des Rechts und der Finanzierung der rechtlichen Betreuung, um eine intensivere Beziehung zu den Betreuten aufbauen und ihren Aufgaben kontinuierlich nachkommen zu können.

Was wir im Forschungsprojekt dazu herausgefunden haben

Die Mehrheit der Interviewpartner*innen berichtet über konkrete Vorstellungen und Wünsche in Bezug auf die eigene letzte Lebensphase und die Bestattung (I-U). Ein*e Interviewpartner*in thematisiert das Thema Sozialbestattungen. Diese sind in ihren Augen nicht würdevoll und nehmen trauernden Menschen zum Teil die Möglichkeit, angemessen Abschied zu nehmen.

Eine wichtige, aber auch nicht unproblematische Rolle im Leben der Bewohner*innen spielen die gesetzlichen Betreuer*innen: Manche Menschen mit Behinderungen erleben sie als nicht aktiv und präsent in ihrem Leben und wünschen sich eine engere Begleitung (SzIG). Gesetzliche Betreuer*innen nehmen ihre Rolle oft eher im Sinne ersetzender Entscheidungsfindung wahr, es fehlen Konzepte der unterstützenden Entscheidungsfindung (LA).

Für Angehörige ist die Vorstellung, dass ihr Vorversterben den Einsatz einer/s gesetzlichen Betreuer*in, der/die ihre Kinder nicht kennt und sich nicht für ihre Rechte einsetzt, belastend (I-A).

Materialien und Hinweise finden Sie hier.

Ethische Fallbesprechungen als selbstverständliches Instrument etablieren

Leitungskräfte entwickeln ein Konzept zur Klärung ethischer Fragestellungen in der Organisation und entscheiden gemeinsam mit Mitarbeitenden, welche Instrumente in ethischen Konfliktsituationen angemessen und hilfreich sind (interne oder externe Ethikberatung, Ethik-Komitee, ethische Fallbesprechungen). Sie mandatieren und schulen Mitarbeitende als Expert*innen für ethische Fragen.

Leitungskräfte und Mitarbeitende stellen den Austausch mit den Klient*innen, ihren An- und Zugehörigen sowie allen beteiligten Akteur*innen in ethischen Fragen sicher, um den Begleitprozess personenzentriert und den Wünschen der Person entsprechend gestalten zu können.

Die Mitarbeitenden beider Systeme (Eingliederungshilfe und Palliative Care) verfügen über Kompetenzen zur Kommunikation mit Menschen mit Behinderungen zu relevanten Fragen und zur Erfassung ihrer Wünsche und beziehen ggfs. An- und Zugehörige in die Kommunikation ein.

Ethische Fallbesprechungen werden systematisch genutzt, um im Austausch zu kritischen Behandlungs- und Begleitungsfragen, zu Krankheitsverläufen, zum Umgang mit Schmerz und anderen spezifischen Krankheitssymptomen zu Entscheidungen zu kommen, die den Willen der Person bestmöglich berücksichtigen.

Was wir im Forschungsprojekt dazu herausgefunden haben

In der Begleitung am Lebensende sind oft ethische Fragen berührt, die Angehörige, Mitarbeitende und Menschen mit Behinderungen selbst verunsichern. Mitarbeitende berichten auch von Konfliktdynamiken in der Zusammenarbeit mit Angehörigen oder gesetzlichen Betreuer*innen, wenn es um ethische Dilemmasituationen geht (I-D).

Ethische Fallbesprechungen sind als Instrument in medizinischen Kontexten bereits fest etabliert (LA). Die Eingliederungshilfe nutzt die Potentiale dieses Instruments zur Klärung schwieriger ethischer Fragen bisher noch nicht durchgängig und systematisch (I-D; KP-D).

Als besondere Herausforderung gelten ethische Fragestellungen in der Begleitung von Menschen mit Behinderung, wenn die Kommunikation mit ihnen erschwert ist (I-P, FB-P).

Materialien und Hinweise

Hier finden Sie Informationen zur "ethischen Fallbesprechung".


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